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Stefanie Schneider, Galerie Michael Zink , Munich
Review by Sabine Dorothée Lehner in Flash Art, May / June 2002. p.138

Stefanie Schneider's new photographic works tell disturbing stories about her adopted Californian home. She seeks out faded American myths and distils auratically charged reality in a very personal and surprising way. She uses out-of-date Polaroid film, and the blemishes caused by the degenerated film stock, - are included in the composition in a painterly way. Exposure mistakes and low budget movie effects are combined to alienating effect. Everything shimmers and flickers before our eyes. The artist plays with the authentic poetry of the amateur, mixing strangely dreamy staging with random photochemical events.




In the 16-part work Frozen, which is characterized by a strangely transcendent mood in the lighting, film-still-like pictorial clusters come together to form a mysterious story, with the artist herself as the lonely protagonist. the aesthetic is reminiscent of early Lynch films. The components of the elliptically choreographed events are scenes from an enchanted, gleaming winter landscape, together with "staged snapshots" of a pale young woman in her underskirts, who radiates the troubled reality of a mirage with her sleep walking presence. The story is presented in the manner of cinematic flashbacks or dream sequences. Stage blood and a knife are used to evoke a crime of passion whose surreal attractiveness is derived from the scenic openess of what is shown. The deliberate use of old instant picture stock establishes in a richly faceted way the ephemeral quality of vulnerability and transience within a reality that is brittle from the outset.

The American Stars and Stripes, recently updated as the absolute epitome of a patriotic signifier, is the subject of the 9-part work Primary Colors (2001). Schneider's reassuringly European view, free of undue emotion, presents the Stars and Stripes motif in a strangley alienated form: she shows stills with phases of fluttering violently in the wind, even torn in some cases, and the poor film stock emphazises the fragility of the icon even more.

(translated from German by Michael Robinson)   

 

Stefanie Schneider in der Galerie Michael Zink / München
von Sabine Dorothée Lehner in Flash Art, Ausgabe May/June 2002

Stefanie Schneiders mehrteilige neue Fotoarbeiten er- zählen irritierende kleine Geschichten aus ihrer kalifornischen Wahlheimat. Auf sehr persönliche und überraschende Weise wird hier der Versuch unternommen, verblaßten amerikanischen Mythen nachzuspüren und auratisch aufgeladene Wirklichkeit zu destillieren. Es handelt sich um Blow-ups von Polaroidfotos, die alle mit überalterten, bereits schadhaften Filmen gemacht wurden. Die materialbedingten Störungsmomente, wie chemische Entgleisungen, Fehlfärbungen und Leerstellen werden auf verfremdende und gattungsübergreifend malerische Weise kompositorisch miteinbezogen. Es schimmert und flirrt vor den Augen, Fehlbelichtung und Wahrnehmungs-Stereotypen eines Low-Budget-Movies wer- den miteinander verbunden. Die Künstlerin spielt mit der authentischen Poesie des Amateurhaften und mischt seltsam entrückte Inszenierung mit fotochemischen Zufallsergebnissen. In programmatischer Brechung sind die zwischen den Ebenen von Realität, Traum und Fiktion oszillierenden Serien stark vergrößerter Pola- roids in perfektionierendem Cibachrome reproduziert.

Quadratische Einzelformate, oft mit bewußt "zufälli- gem" Bildausschnitt und zumeist sehr reduzierter Moti- vik, ordnen sich zu nicht-linear angelegten Bild- tafeln, die sich – nach den Gesetzen einer subjektiven Syntax – erst im Kopf des Betrachters zu melancholi- schen Miniaturdramen fügen.

In der 16-teiligen Arbeit "Frozen", die geprägt ist durch eine seltsam transzendierende Lichtstimmung, formen sich an Filmstills erinnernde Bild-Cluster zu einer kreuz und quer lesbaren rätselhaften Bild-Story, deren einsame Protagonistin die Künstlerin selbst ist. Die Ästhetik erinnert etwas an frühe Lynch-Filme, die Atmosphäre ein wenig an "Blair Witch Project". Die Komponenten des elliptisch choreographierten Gesche- hens sind Szenerien einer verwunschenen Winterland- schaft, zusammen mit "inszenierten Schnappschüssen" von einer bleichen jungen Frau im Unterrock, die durch ihre beunruhigend traumwandlerische Präsenz den Wirk- lichkeitsgehalt einer Fata Morgana ausstrahlt. Mit Theaterblut und einem Messer wird ein Verbrechen aus Leidenschaft evoziert, dessen surreale Anmutung durch die szenische Offenheit des Gezeigten entsteht und in der Art von filmischen Rückblenden oder Traumsequenzen präsentiert wird. Durch den vorsätzlich funktionali- sierten Einsatz des alten Sofortbild-Materials wird facettenreich die ephemere Qualität von Verletzlich- keit und Vergänglichkeit einer von vorne herein brüchigen Wirklichkeit etabliert.

Das amerikanische Sternenbanner, seit den Ereignissen des letzten Herbstes als Identität stiftendes patrio- tisches Zeichen schlechthin aktualisiert, wird in der 9-teiligen Arbeit "Primary Colors" (2001) zum Thema mit Variationen. Stefanie Schneiders unpathetischer, beunruhigend europäischer Blick präsentiert das zur Bildikone der amerikanischen Pop-Art geronnene Stars-and-Stripes-Motiv in eigenartig verfremdeter Form: Ge- zeigt werden Standbild-Phasen von heftig im Wind flatternden und sogar zerrissenen Fahnen. Durch das verwendete schlechte Filmmaterial wird die Fragilität des Ganzen noch betont: Das amerikanische National- symbol wird verzerrt, unscharf und gezeichnet durch bläulich-milchige Lichtstreifen vorgeführt – ironi- scherweise in den verblichenen Farben der englischen Pop-Art-Malerei.

Mittwoch, 6.3.2002


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Horror im Unterrock


Charismatische Wahlverwandtschaften und allergische Abstoßungsprozesse in den Galerien

Bilder wie aus einem Thriller von David Lynch: Stefanie Schneider, sinnigerweise nach Los Angeles umgezogene deutsche Künstlerin, stellt in der Galerie Michael Zink zyklische Annäherungen an den amerikanischen Film und verblühte Western-Legenden vor. „Frozen“ heißt ihre wohl geheimnisvollste Serie. Nichts als einen Unterrock auf dem anämischen Leib, geistert ein Mädchen mit aufgelöstem Haar und noch wirrerem Blick über einen Eissee. Etwas Furchtbares muss sich vor kurzem ereignet haben – zumindest dem blutverschmierten Messer in ihrer Hand nach zu urteilen. Der alltägliche Horror bricht sich bei Schneider in chimärenhafter Gestalt die Bahn. Dabei ringt die Künstlerin einer für Schnappschüsse gebräuchlichen Fototechnik wunderbare malerische Effekte ab. Die merkwürdige Entrücktheit und das Verblichene ihrer Bilder rührt daher, dass es sich um Blow Ups von nicht mehr ganz taufrischem Polaroidmaterial handelt. Schneider, die gleichzeitig auch Hauptdarstellerin ist, erfindet immer neue Traumwandlersequenzen. (Theresienstraße 122a, bis 6.April.)

 

BIRGIT SONNA


Horror in a Petticoat

Charismatic Elective Affinities and Processes of Allergic Rejection in Galleries

Images as in a thriller by David Lynch: Stefanie Schneider, a German artist who has appropriately moved to Los Angeles, is presenting in the Galerie Michael Zink cyclical approaches to American film and to faded Western legends. Frozen is the title of what is certainly her most mysterious series. Wearing nothing more than a petticoat on her anemic body, a girl, with her hair hanging freely and her gaze even more wildly confused, wanders across a frozen lake. Something terrible must have happened right beforeat least to judge by the blood-smeared knife in her hand. Everyday horror erupts into Schneider's works in chimerical form. The artist wrests wonderful, painterly effects from a photographic technique commonly used for snapshots. The strange, dreamy abstraction and bleached-out tone of her pictures are due to the fact that they are blow-ups of Polaroid film somewhat past its expiration date. In collaboration with her boyfriend and cameraman, Schneiderwho is also the main protagonistinvents constantly new sleepwalking sequences. (Theresienstraße 122a, until April 6).


traslated by GEORGE FREDERIK TAKIS